"Ich bin Mensch, Abgeordnete, taube Person – in dieser Reihenfolge." Heike Heubach in Amberg

20. Oktober 2025

Unter dem Motto „Vielfalt in der Politik leben“ fand am Samstagabend eine eindrucksvolle und gut besuchte Veranstaltung mit der SPD-Bundestagsabgeordneten Heike Heubach im Siemens Innovatorium der OTH Amberg statt. Eingeladen hatten der Gehörlosenverein Amberg-Sulzbach 1923 e.V. gemeinsam mit dem SPD-Stadtverband Amberg. Der Abend stand ganz im Zeichen der Inklusion, Sichtbarkeit und politischen Teilhabe – mit einer Rednerin, die nicht nur politisch, sondern auch persönlich ein starkes Zeichen setzte. "Ich bin Mensch, Abgeordnete, taube Person – in dieser Reihenfolge."

Bereits eine Stunde vor Beginn füllte sich der Veranstaltungsraum mit Interessierten aus Amberg und Umgebung. Unter den Gästen waren nicht nur Mitglieder des Gehörlosenvereins und der SPD, sondern auch Bürgerinnen und Bürger, die sich für soziale Gerechtigkeit, Inklusion und Diversität interessieren. Für barrierefreie Kommunikation war gesorgt: Die Veranstaltung wurde durch vier Gebärdendolmetscherinnen in Gebärdensprache bzw. Lautsprache übersetzt.

Peter Bayerschmidt, 1. Vorsitzender des Gehörlosenvereins Amberg-Sulzbach, zeigte sich in seiner Begrüßung sichtlich bewegt: „Wir freuen uns sehr, dass die Abgeordnete Heike Heubach heute bei uns ist. Sie spricht unsere Sprache, kennt unsere Lebensrealität und hat die Anliegen der Gehörlosen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht – nicht nur im Bundestag, sondern auch darüber hinaus.“

In seiner Begrüßung stellte SPD-Stadtverbandsvorsitzender Dieter Weiß fest, dass es bereits viele Angebote für gehörlose Menschen gibt. SPD-Landes- und Bundesparteitage werden in Gebärdensprache übertragen - auch viele Plenardebatten des Bundestages. „Auf örtlicher Ebene gibt es aber noch sehr große Defizite. Deshalb hat es wahrscheinlich auch 75 Jahre gedauert, bis Heike Heubach als erste Gehörlose in den Bundestag einzog. Das müssen wir ändern.“

Vielfalt

Heike Heubach ersetzte 2024 den Weidener Abgeordneten Uli Grötsch, der zum Polizeibeauftragten des Bundestags ernannt wurde. Bärbel Bas, damals Präsidentin des Deutscher Bundestag, sagte bei der Begrüßung von Heike Heubach als erste gehörlose Abgeordnete im Bundestag am 21. März 2024: „Heute schreiben wir tatsächlich Geschichte, wenn ich das mal so sagen darf. Wir haben die erste gehörlose Abgeordnete, die sich hier für ihren Wahlkreis einbringen wird. Wir freuen uns sehr auf die Kollegin und auf ihre Arbeit hier im Haus.“ Zudem wies sie darauf hin, dass dies ein „starkes Zeichen für Inklusion“ sei.

Im Februar 2025 zog die 45-jährige Abgeordnete aus dem Wahlkreis Augsburg-Land erneut in den Bundestag ein. Sie ist Mitglied in den Bundestagsausschüssen für Arbeit und Soziales sowie Bauen und Wohnen. Im Juni 2025 wurde sie zudem zur Beauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderungen der SPD-Bundestagsfraktion ernannt.

Heike Heubach berichtete offen über die Herausforderungen im politischen Betrieb, sprach über ihren Weg in den Bundestag, aber auch über Erfahrungen als gehörlose Frau in einem überwiegend männlich geprägten Umfeld. Ihr Appell: „Politik gehört allen. Ich möchte vor allem junge Frauen ermutigen, sich einzumischen und mitzugestalten.“

Besonders bewegend war ihr Plädoyer für mehr Sichtbarkeit und Teilhabe von Menschen, die in unserer Gesellschaft oft übersehen werden. „Ich mache mich stark für die Menschen, die in der Gesellschaft unsichtbar sind. Ich möchte ihnen Sichtbarkeit verschaffen“, erklärte Heubach unter Applaus.

Ein erschreckendes Erlebnis aus ihrer Schulzeit zeigte die pädagogischen Defizite auf, mit den gehörlose Kinder über 100 Jahre zu kämpfen hatten. Die Mailänder Beschlüsse aus dem Jahre 1880 haben die Gebärdensprache verboten und legten das Lippenlesen und die Lautsprache als Lernziele feste. Heike wurde Tag für Tag gezwungen das Wort „Auto“ auszusprechen, danach folgten andere Wort. Das alles ohne Sinn und ohne sichtbaren Erfolg. Hätte man die Gebärdensprache gelehrt, wäre dies sinnvoller und echte Kommunikation wäre möglich gewesen.

Heike

Im Anschluss an die Rede bot sich den Gästen die Gelegenheit, direkt mit Heike Heubach ins Gespräch zu kommen. Viele nutzten die Möglichkeit, Fragen zu stellen oder ihre eigenen Erfahrungen zu teilen. Die Atmosphäre war offen, wertschätzend und geprägt von gegenseitigem Interesse. Die Veranstaltung endete mit viel Applaus, ehrlichem Dank und dem Gefühl, dass dieser Abend nicht nur inspiriert, sondern auch Mut gemacht hat – für eine inklusivere, gerechtere Gesellschaft.

Der Besuch von Heike Heubach in Amberg war mehr als nur eine politische Veranstaltung – er war ein starkes Zeichen für gelebte Vielfalt und eine Einladung an alle, die eigene Stimme zu erheben. Die Kooperation zwischen dem Gehörlosenverein Amberg-Sulzbach und dem SPD-Stadtverband war ein voller Erfolg – und ein Beispiel dafür, wie gesellschaftliche Teilhabe konkret aussehen kann.

Organisation

Dieter Weiß, Vorsitzender des SPD-Stadtverbands Amberg, betonte die Bedeutung der Veranstaltung für die Region: „Heike Heubach steht für eine neue, offene und inklusive Politik. Ihr Besuch zeigt, wie wichtig echte Teilhabe ist – und dass politische Repräsentation vielfältiger werden muss.“

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